Der "Bote" 1925 bis 1949 – "... mache aus mir einen Boten Deines Friedens"

Michael Glaß am 04.02.2020

2020 125 jahre aoelfb magnificat titel 7dez1930 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
"Selig preisen mich alle Nationen", titelte am 7. Dezember 1930 der Altöttinger Liebfrauenbote frei nach dem Magnificat (Lk 1,46-55).

Für eine marianische Zeitung wie den "Boten" ist völlig klar, wer den Ton vorgibt, und es könnte ja auch alles so schön harmonisch sein: "Selig preisen mich alle Nationen!", titelte der "Bote" am 7. Dezember 1930 frei nach dem Lobgesang Mariens "Magnificat" (Lk 1,46-55): "Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter." Doch Vorsicht, Mariens Lobgesang klingt mitunter sehr bestimmt.

In einem gro­ßen Bild zeig­te der Bote” die Got­tes­mut­ter Maria mit ihrem Sohn auf dem Schoß als Mut­ter zahl­lo­ser Men­schen­ge­ne­ra­tio­nen und Völ­ker”. Bru­der Kon­rad von Par­zham wür­de noch gut dazu pas­sen in die sehr bun­te Chor­ge­mein­schaft” der Mari­en­ver­eh­rer. So konn­te der 1930 selig- und 1934 hei­lig­ge­spro­che­ne Alt­öt­tin­ger Klos­ter­pfört­ner die Melo­dien der ein­zel­nen Men­schen beson­ders gut beglei­ten und stets ver­wies er so wie Maria auf den gro­ßen Kom­po­nis­ten unse­rer Welt: Dir gefiel die Kro­ne / Die der Hei­land trug / Sie war dei­ne Kro­ne / Dir war sie genug”, heißt es in der letz­ten Stro­phe des Gedichts zu Ehren des (bald) neu­en Hei­li­gen, den der Bote” auf sei­nem Titel vom 22. April 1934 abdruckte.

2020 125 jahre aoelfb magnificat titel 7dez1930
"Selig preisen mich alle Nationen", titelte am 7. Dezember 1930 der Altöttinger Liebfrauenbote frei nach dem Magnificat (Lk 1,46-55).
2020 125 jahre aoelfb bruder konrad bald hlg titel 22apr1934
Altöttinger Liebfrauenbote, Titel zur baldigen Heiligsprechung "Bruders Konrad" in der Ausgabe vom 22. April 1934.

Der Titel Selig prei­sen mich alle Natio­nen” im Dezem­ber 1930 sowie der Titel zur bal­di­gen Hei­lig­spre­chung Bru­der Kon­rads im April 1934 (sie­he Text).

Denn auf die Nied­rig­keit sei­ner Magd hat er (Gott) geschaut. Sie­he, von nun an prei­sen mich selig alle Geschlech­ter (…) Er (Gott) zer­streut, die im Her­zen voll Hoch­mut sind. Er stürzt die Mäch­ti­gen vom Thron und erhöht die Nied­ri­gen. Die Hun­gern­den beschenkt er mit sei­nen Gaben und lässt die Rei­chen leer ausgehen.”

Doch Vor­sicht, Mari­ens Lob­ge­sang (Lk 1,4655) klingt mit­un­ter sehr bestimmt: Er (Gott) zer­streut, die im Her­zen voll Hoch­mut sind. Er stürzt die Mäch­ti­gen vom Thron und erhöht die Nied­ri­gen. Die Hun­gern­den beschenkt er mit sei­nen Gaben und lässt die Rei­chen leer aus­ge­hen.” Fried­lich und bunt” heißt nicht harm­los und belie­big”! Sel­ten sind die Momen­te des har­mo­ni­schen Viel­klangs, erst recht die Momen­te der Stil­le und der Besin­nung. Dass Gott in sei­nem Werk all die Men­schen frei impro­vi­sie­ren lässt, ärgert manch­mal auch ein Sprach­rohr wie den Boten”: so vie­le Klän­ge auf nur 24 Sei­ten? All die­se hören, wie­der­ge­ben, inter­pre­tie­ren im Sin­ne Mari­ens …? Doch rich­tig schwer wird es erst dann, wenn ein­zel­ne selbst ernann­te Diri­gen­ten die vie­len Stim­men auf Erden laut­hals nie­der­brül­len. Dies bekam auch der Bote” zu spüren.

Von den Nazis verboten, gleichgeschaltet, eingestellt

Vor Stolz prot­zen­de Her­ren­men­schen” haben nun mal nicht viel übrig für eine bun­te Chor­ge­mein­schaft, erst recht nicht für eine Frau, die den Ton vor­gibt, und noch viel weni­ger für einen Herrn, der aus­ge­rech­net die Nied­ri­gen erhöht. Der­art unmu­si­ka­li­sche Klein­geis­ter blei­ben frei­lich nie sehr lan­ge die Her­ren”, doch reicht auch eine kur­ze Zeit für ein groß ange­leg­tes Zer­stö­rungs­werk. Der Bote” als Sprach­rohr Mari­ens, der Wall­fahrt und der katho­li­schen Kir­che jeden­falls wur­de zunächst ver­bo­ten, dann gleich­ge­schal­tet” und 1941 wäh­rend des II. Welt­kriegs (19391945) ganz ein­ge­stellt – die ers­te Aus­ga­be nach dem Krieg erschien erst wie­der im Sep­tem­ber 1948.

2020 125 jahre aoelfb waffenring 5nov1933 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, voller Selbstmitleid und Panik schürend war die NS-Propaganda nach Gleichschaltung des "Boten" am 5. November 1933.

Im Rück­blick auf die Boten”-Ausgaben jener Zeit ent­fal­tet sich so ein sehr erhel­len­des Bild auf ein Kon­zert” der Ver­gan­gen­heit, das auch die Gegen­wart berührt. Etwa über die Wir­kung von Bild und Spra­che. Nied­lich etwa das Por­trait über einen edlen Spross des jugend­kräf­ti­gen alt­baye­ri­schen Stam­mes”, der von sei­nen Eltern nur Dol­fi‘ genannt” wor­den sei. Gemeint war Adolf Hit­ler, dem der dama­li­ge Boten”-Chefredakteur in der Aus­ga­be vom 23. April 1939 zu Des Füh­rers 50. Geburts­tag” höchst­per­sön­lich hul­dig­te. Ähn­lich im Stil der Über­trei­bung, vol­ler Selbst­mit­leid und Panik schü­rend, klin­gen Opfer­my­then über einen angeb­li­chen Sün­den­bock”, der – umklam­mert von bis auf die Zäh­ne bewaff­ne­ten Fein­den (Aus­ga­be vom 5. Novem­ber 1933) – macht­los und wehr­los blei­ben (soll) für immer” (Aus­ga­be vom 21. Mai 1933). Gemeint war das Deut­sche Reich, das Jah­re spä­ter den II. Welt­krieg zu ver­ant­wor­ten hatte.

2020 125 jahre aoelfb wer nazis waehlt warnung juli1932 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Großer Wahlaufruf im Altöttinger Liebfrauenboten gegen Hitler und die Nazis vor der Reichstagswahl am 31. Juli 1932.
2020 125 jahre aoelfb wahlen der kopf muss siegen jul1932 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
"Der Kopf muss siegen, der Verstand! Nicht das Maul!" Großer Wahlaufruf im Altöttinger Liebfrauenboten gegen Hitler und die Nazis vor der Reichstagswahl am 31. Juli 1932.
2020 125 jahre aoelfb wahlaufruf bvp feb1933 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Großer Wahlaufruf im Altöttinger Liebfrauenboten für die Bayerische Volkspartei und gegen Hitler und die Nazis im Februar 1933 vor der Reichstagswahl am 5. März 1933.

Als tat­säch­lich Gefahr gedroht hat­te, hat­te der Bote” kei­ne Zei­len auf Selbst­mit­leid, Jam­me­rei und Über­trei­bun­gen ver­schwen­det. Zor­nig, streit­bar, aber sach­lich in der Dar­stel­lung warn­te er vor (natio­nal­so­zia­lis­ti­schen) Groß­mäu­lern” (5. Febru­ar 1933), die das Him­mel­reich auf Erden ver­spre­chen” (19. Febru­ar 1933) ohne ein halt­ba­res Pro­gramm zu haben, und die Greu­el­mär­chen” und sehr dum­me Agi­ta­ti­ons­lü­gen” ver­brei­te­ten (26. Febru­ar 1933); er ver­ur­teil­te begin­nen­de Gewalt­ta­ten gegen Anders­den­ken­de (19. Febru­ar 1933); er kri­ti­sier­te scharf die über­schäu­men­de Pries­ter­het­ze (…), die selbst die Has­sergüs­se des Bis­marck­schen Kul­tur­kamp­fes über­trumpft” (31. Juli 1932); er rühr­te vor den Reichs­tags­wah­len am 31. Juli 1932 laut­stark die Wer­be­trom­mel für den vor­ma­li­gen Reichs­kanz­ler Hein­rich Brü­ning (Zen­trums­par­tei) und die Baye­ri­sche Volks­par­tei und er mahn­te: Der Kopf muss sie­gen, der Ver­stand! Nicht das gro­ße Maul!” Lei­der stimm­ten am 24. März 1933 – teils aus Angst, teils aus dem nai­ven Glau­ben her­aus, den Extre­mis­mus durch Ent­ge­gen­kom­men ein­däm­men und beherr­schen zu kön­nen – auch die kon­ser­va­ti­ven Abge­ord­ne­ten im Reichs­tag für Hit­lers Ermäch­ti­gungs­ge­setz, mit dem die­ser die Wei­ma­rer Demo­kra­tie end­gül­tig aushebelte.

2020 125 jahre aoelfb politik und religion jul1932 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Politik und Religion, Juli 1932.

Der Bote” äußer­te sich – wie immer seit sei­ner Grün­dung 1895 – sehr häu­fig auch poli­tisch und frei­lich hat­te er in der Ver­gan­gen­heit auch schon mal weit dane­ben gele­gen, aber schon sehr früh erkannt, wie gefähr­lich die Nazis sind (bereits im Jahr 1923 – sie­he Rück­blick 1915 – 1924”). Für sei­ne Weit­sicht und sei­nen Mut kas­sier­te er schließ­lich die Quit­tung: die Aus­ga­be vom 1. März 1933 erschien nur als eine Sei­te: Ver­bo­ten!”, prang­te groß als Über­schrift der Beschluss der Regie­rung von Oberbayern”.

2020 125 jahre aoelfb verboten titel und einzelblatt 1maerz1933 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Titel vom 1. März 1933 nach dem Verbot durch die Nazis.
2020 125 jahre aoelfb anzeige auflage dez1925 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Werbung um Anzeigenkunden, Dezember 1925.

Das Ver­bot, datiert auf den 27. Febru­ar 1933 und begrenzt auf vor­erst vier und wie­der auf­ge­ho­ben nach zwei Wochen, kam sehr früh nach der Macht­über­ga­be an Hit­ler (30. Janu­ar 1933). Dass der Bote” neben der Par­tei­zei­tung der SPD (“Vor­wärts”) sowie der Münch­ner Post” als eine der ers­ten deut­schen Zei­tun­gen ver­bo­ten wur­de, lag mit­un­ter auch an sei­ner gro­ßen Ver­brei­tung gera­de auf dem katho­li­schen baye­ri­schen Land: Ende 1925 etwa betrug die Auf­la­ge der Zei­tung laut einer Anzei­ge rund 60.000 Exem­pla­re (sie­he Bild, zwi­schen­zeit­lich waren es fast 80.000 Exem­pla­re); die Anzahl der Leser der unter Ver­wand­ten, Freun­den und Nach­barn mehr­fach genutz­ten Zei­tung war x‑fach höher.

"Botenpfarrer" Carl Vogl blieb standhaft

2020 125 jahre aoelfb nachruf auf carl vogl 17apr1949 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, 17. April 1949: Nachruf auf "Botenpfarrer" Carl Vogl, der von 1904 bis 1933 als Schriftleiter in der Verantwortung war.

Den Nazis war der Bote” ein Dorn im Auge, was vor allem der seit dem Jahr 1904 ver­ant­wort­li­che Schrift­lei­ter Pfr. Carl Vogl zu spü­ren bekam. In einem Nach­ruf auf den Boten­pfar­rer” Vogl schrieb Pfr. Richard Kempf im Boten” der Aus­ga­be vom 17. April 1949: Sei­ne Leit­ar­ti­kel waren Meis­ter­wer­ke, inhalt­lich und for­mell, sei­ne poli­ti­sche Rund­schau fein geschlif­fen und doch takt­voll. (…) Als dann die brau­nen Schat­ten auf­tauch­ten, da stand Carl Vogl auf der War­te, er mahn­te, warn­te, bat und beschwor. Auch als es Dro­hun­gen und Beschimp­fun­gen hagel­te, als man ihn auf der Stra­ße anrem­pel­te, ihm in rohes­ter Wei­se Gemein­hei­ten ins Gesicht sag­te, Vogl blieb stand­haft. Aber als dann die Macht­über­nah­me 1933 kam, war es klar, dass er flie­gen‘ musste. (…)”

Offi­zi­ell ver­ant­wort­lich als Schrift­lei­ter blieb Vogl bis zur Aus­ga­be vom 14. Mai 1933, obwohl er zwi­schen­zeit­lich vor den Nazis flie­hen muss­te. Dann von den Nazis mit Stadt”-Verbot für Alt­öt­ting und mit Berufs­ver­bot” belegt, muss­te er end­gül­tig flie­hen; er starb 1941 im Aus­land, ohne die Hei­mat je wie­der­ge­se­hen zu haben. Sein Bru­der, Msgr. Adal­bert Vogl, war übri­gens ein Opfer der sog. Bür­ger­mor­de” des 28. April 1945 in Alt­öt­ting – mit vier wei­te­ren Bür­gern wur­de er durch ein SS-Kom­man­do stand­recht­lich erschos­sen, weil sie ver­sucht hat­ten, ihre Hei­mat­stadt von der NS-Herr­schaft zu befrei­en, um damit eine Zer­stö­rung durch die her­an­rü­cken­den US-Trup­pen zu verhindern.

2020 125 jahre aoelfb zum heldengedenktag titel 16maerz1941 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Titel 16. März 1941 "Zum Heldengedenktag" (seit 8 Jahren war der "Bote" bereits durch die Nazis gleichgeschaltet).

Pfr. Carl Vogls Nach­fol­ge als Schrift­lei­ter des Boten” über­nahm nach der Gleich­schal­tung durch die Nazis zum 28. Mai 1933 der Hei­mat­dich­ter und Maler Franz Schröng­ha­m­er-Haim­dal (18811962), der in den frü­hen Jah­ren der Wei­ma­rer Repu­blik zahl­rei­che anti­se­mi­ti­sche Schrif­ten ver­öf­fent­licht hat­te und auch lan­ge mit den Nazis sym­pa­thi­sier­te – erst spä­ter, laut Aus­sa­ge eines unter den Nazis poli­tisch und ras­sisch Ver­folg­ten min­des­tens seit 1940” – lehn­te er das NS-Regime ab.

Ob aus Über­zeu­gung oder aus Zwang: Zum Hel­den­ge­denk­tag” in der Aus­ga­be vom 16. März 1941 (sie­he Bild) schwa­dro­nier­te er vom Lebens­raum für unser Vol­ke”, vom Hei­li­gen Krieg” und vom Hel­den­tod” für Volk und Füh­rer. Von die­sem und ähn­li­chem brau­nen Gejoh­le blieb auch der Bote” nicht ver­schont. Franz Schröng­ha­m­er, der auch als Roseg­ger” des Baye­ri­schen Wal­des bezeich­ne­te Autor, hat­te jedoch zwei­fel­los ein gutes Ohr” für gefüh­li­ge, volks­tüm­li­che Stü­cke, für Erzäh­lun­gen und Dich­tun­gen, wie sie der Bote” seit Anbe­ginn druck­te. Er lei­te­te den Boten” bis zur Ein­stel­lung der Zei­tung im Lau­fe des Jah­res 1941.

Bruder Konrad – "Großer Führer dieser Zeit"

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Altöttinger Liebfrauenbote, Festblatt zur Seligsprechung Bruder Konrads, Ausgabe im Juni 1930.
2020 125 jahre aoelfb bruder konrad festwoche 1 sept1934
Altöttinger Liebfrauenbote, einer der vielen Berichte über die Bruder Konrad-Festwochen in Altötting vom 25. August bis zum 9. September 1934 mit insgesamt rund 200.000 Wallfahrern anlässlich der Heiligsprechung des Kapuziners; Ausgabe im September 1934.
2020 125 jahre aoelfb bruder konrad festwoche 2 sept1934
Altöttinger Liebfrauenbote, einer der vielen Berichte über die Bruder Konrad-Festwochen in Altötting vom 25. August bis zum 9. September 1934 mit insgesamt rund 200.000 Wallfahrern anlässlich der Heiligsprechung des Kapuziners; Ausgabe September 1934.
2020 125 jahre aoelfb bruder konrad festwoche 3 sept1934
Altöttinger Liebfrauenbote, einer der vielen Berichte über die Bruder Konrad-Festwochen in Altötting vom 25. August bis zum 9. September 1934 mit insgesamt rund 200.000 Wallfahrern anlässlich der Heiligsprechung des Kapuziners; Ausgabe im September 1934.

Damit durf­te Franz Schröng­ha­m­er auch über die Hei­lig­spre­chung Bru­der Kon­rads berich­ten – über den gro­ßen Füh­rer unse­rer Zeit” (Zitat aus dem Fest­blatt” zur Selig­spre­chung in der Aus­ga­be vom 22. Juni 1930), der sich in sei­ner beschei­de­nen, from­men und men­schen­freund­li­chen Art vom Füh­rer des deut­schen Vol­kes” und gewis­sen­lo­sen Macht­men­schen Hit­ler so sehr unter­schied und den sich der dama­li­ge Vati­ka­ni­sche Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Euge­nio Pacel­li und nach­ma­li­ge Papst Pius XII. in sei­ner Abschieds­an­spra­che an Pfings­ten 1934 an die deut­schen Rom­pil­ger als neu­en Für­bit­ter in dem gro­ßen Geis­tes­kampf gegen die Mäch­te der Fins­ter­nis” erhoff­te. Nur dass die lei­sen Töne des hl. Bru­der Kon­rad unter dem Gebrüll der Nazis nahe­zu wir­kungs­los blie­ben. Auch im Boten”, der zwar ganz über­wäl­tigt von den uner­mess­lich rei­chen und erha­be­nen Ein­drü­cken” (Aus­ga­be 27. Mai 1934) von den Fei­er­lich­kei­ten zur Hei­lig­spre­chung des Kapu­zi­ners in Rom und Alt­öt­ting berich­te­te, aber kaum den offen­sicht­li­chen Wider­spruch zur herr­schen­den NS-Ideo­lo­gie the­ma­ti­sier­te. Ein letz­ter muti­ger Ver­such, dem Hei­li­gen Gehör zu ver­schaf­fen, waren die zwei Wochen andau­ern­den Bru­der-Kon­rad-Fei­ern in Alt­öt­ting vom 25. August bis zum 9. Sep­tem­ber 1934 mit ins­ge­samt rund 200.000 Wall­fah­rern, dar­un­ter Bischö­fe und Kar­di­nä­le. Der Bote” berich­te­te sehr aus­führ­lich in meh­re­ren Aus­ga­ben und druck­te auch vie­le nach­denk­li­che und mit­un­ter sehr kri­ti­sche Pre­dig­ten ab. Mutig waren die Fei­ern, da die Nazis zu die­ser Zeit längst nicht nur poli­ti­sche Geg­ner, son­dern auch gläu­bi­ge Katho­li­ken wie etwa Erich Klau­se­ner (Lei­ter der Ber­li­ner Katho­li­schen Akti­on, † 30. Juni 1934) ermor­det und vie­le wei­te­re im Visier hatten.

2020 125 jahre aoelfb don bosco 1apr1934 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Den zum Ende des "I. Außerordentlichen Heiligen Jahres der Erlösung" am 1. April 1934 heiliggesprochenen Pädagogen und Ordensgründer Johannes Don Bosco würdigte der "Bote" als "Wegweiser für unsere Zeit".

Ein Sprach­rohr kann miss­braucht und bei­sei­te geschafft wer­den, das Bei­spiel von Hei­li­gen aber klingt nach und kann Hoff­nung geben – gera­de auch dann, wenn die Grund­stim­mung düs­ter und aggres­siv ist. Hei­li­ge waren selbst­ver­ständ­lich The­men im Boten” – etwa 1925 eine län­ge­re Fort­set­zungs­ge­schich­te (ab der Aus­ga­be vom 26. April 1925) zur Hei­lig­spre­chung des Jesui­ten Petrus Cani­sius – der übri­gens im 16. Jahr­hun­dert auch für ein Wie­der­auf­le­ben der Wall­fahrt nach Alt­öt­ting gesorgt hat­te – am Pfingst­sonn­tag, 31. Mai 1925. Auch dem Pfar­rer von Ars, Jean Marie Vian­ney, wid­me­te der Bote” zu des­sen Hei­lig­spre­chung eben­falls am 31. Mai 1925 ein län­ge­res Stück (Aus­ga­be vom 9. August 1925). Den zum Ende des I. Außer­or­dent­li­chen Hei­li­gen Jah­res der Erlö­sung” am 1. April 1934 hei­lig­ge­spro­che­nen Päd­ago­gen und Ordens­grün­der Johan­nes Don Bosco wür­dig­te der Bote” als Weg­wei­ser für unse­re Zeit” (sie­he Bild).

Zahlreiche Stücke über die "Resl" von Konnersreuth

2020 125 jahre aoelfb konnersreuth bericht gerlich dez1927 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Ausschnitt aus dem (Fortsetzungs-)Bericht im Altöttinger Liebfrauenboten im Dezember 1927 mit dem Zeugnis des Journalisten und NS-Märtyrers Fritz Gerlich (1883-1934) über Therese "Resl" Neumann (1898-1962) von Konnersreuth.

Noch nicht hei­lig­ge­spro­chen – das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren wur­de 2005 immer­hin ein­ge­lei­tet –, aber für vie­le bereits so gut wie hei­lig, ist eine Bau­ern­magd aus Kon­ners­reuth, deren Leben und Wir­ken sehr mys­tisch klingt und über die sich auch der Bote” mehr­fach wun­der­te. Aus den zahl­rei­chen Stü­cken, die der The­re­se Resl” Neu­mann (18981962) gewid­met waren, sei­en nur Bei­spie­le genannt: das Zeug­nis des Jour­na­lis­ten und NS-Mär­ty­rers Fritz Ger­lich (18831934) ist zwei­fel­los das berühm­tes­te und ein Bericht erschien in zwei Aus­ga­ben im Dezem­ber 1927 – los­ge­zo­gen, um den Schwin­del ihrer Wund­ma­le zu ent­lar­ven, kehr­te Ger­lich als Bekehr­ter” zurück, kon­ver­tier­te zum katho­li­schen Glau­ben und ließ sich von der Resl” auch zum Wider­stand gegen Hit­ler ermun­tern. Der Bote” berich­te­te auch von der am 13. August 1930 in Kon­ners­reuth bekehr­ten Kom­mu­nis­tin Anna Sched­ler aus Essen (Aus­ga­be 31. Mai 1931), bzw. von der Wun­der­ba­ren Geschich­te eines Ber­li­ner Kon­ver­ti­ten” aus einem Buch von Pater Odo Stau­din­ger OSB über die Resl (Aus­ga­be 20. Dezem­ber 1931). Bemer­kens­wert auch der Bericht über den öster­rei­chi­schen Publi­zis­ten Ben­no Kar­pe­les (18681938) in der Aus­ga­be vom 18. Dezem­ber 1932, der eben­falls über Kon­ners­reuth zum katho­li­schen Glau­ben fand und der fort­an nicht nur ver­such­te, die Sozi­al­de­mo­kra­tie mit dem Katho­li­zis­mus aus­zu­söh­nen, son­dern auch dar­zu­le­gen, wie­so Faschis­mus und Katho­li­zis­mus unver­ein­bar sind.

Bunte Meldungen

2020 125 jahre aoelfb buntes baum wie hirsch mai1932
Altöttinger Liebfrauenbote, "Buntes", Mai 1932.
2020 125 jahre aoelfb buntes riesen hochzeit feb1933
Altöttinger Liebfrauenbote, "Buntes", Februar 1933.

Frei­lich fin­den sich im Boten” die­ser Jah­re auch vie­le Mel­dun­gen und Berich­te aus dem Aus­land, auch vie­le bun­te Mel­dun­gen aus der gro­ßen wei­ten Welt. Der gro­ße Fokus lag wie seit jeher bei der Gna­den­mut­ter von Alt­öt­ting und bei der Wall­fahrt. So berich­te­te der Bote” etwa am 12. Okto­ber 1930 von einer wun­der­ba­ren Hei­lung” einer Pil­ge­rin nach Anru­fung des seli­gen Bru­der Kon­rads, am 10. Mai 1925 über zwei gro­ße Wall­fahr­ten an einem Wochen­en­de – Bau­ern und Vete­ra­nen – mit meh­re­ren Tau­send Teil­neh­mern, in der Aus­ga­be vom 22. Mai 1949 über das 350-jäh­ri­ge Jubi­lä­um der Maria­ni­schen Män­ner­kon­gre­ga­ti­on Alt­öt­ting mit rund 15.000 Teilnehmern.

2020 125 jahre aoelfb aoe wallfahrer gedicht mai1926
Altöttinger Liebfrauenbote, Altötting-Gedicht, Mai 1926.
2020 125 jahre aoelfb 300 jahre tilly in aoe apr1932
Altöttinger Liebfrauenbote, Bericht zu den Feierlichkeiten zum 300. Todestag Tillys, April 1932.

Alt­öt­ting und die Wall­fahrt waren auch in den Jah­ren 1925 bis 1949 zen­tra­le The­men im Boten”, wie hier die Bei­spie­le zei­gen: ein Altötting”-Gedicht sowie ein Bericht anläss­lich des Geden­kens zum 300. Todes­tag des Feld­herrn und Mari­en­ver­eh­rers Til­ly im April 1932.

"Der Kinderbote" – damals und heute

2020 125 jahre aoelfb kinderbote titel 1jan1926
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 1. Januar 1926.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote titel 1nov1927
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 1. November 1927.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote zu bruder konrad sept1934
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 1. September-Nummer 1934 zur Heiligsprechung Bruder Konrads.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote zu bruder konrad 2 sept1934
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 1. September-Nummer 1934 zur Heiligsprechung Bruder Konrads.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote 2okt2016
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 2. Oktober 2016.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote 23okt2016
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 23. Oktober 2016.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote ostern 1apr2018
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 1. April 2018.
2020 125 jahre aoelfb kinderbote 18nov2018
Altöttinger Liebfrauenbote, "Kinderbote", 18. November 2018.

In den Jah­ren ab 1925 eta­blier­te sich im Alt­öt­tin­ger Lieb­frau­en­bo­ten der Kin­der­bo­te” mit Unter­hal­tung für die jun­gen Leser. Der Kin­der­bo­te” besteht bis heute.

2020 125 jahre aoelfb bischof theas pax christi 2okt1949 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Bischof Théas (Lourdes) mit Pax Christi in Altötting, 2. Oktober 1949.

Eine gro­ße und bedeu­tungs­vol­le Wall­fahrt fand im Sep­tem­ber 1949 statt und schon Wochen zuvor hat­te der Bote” dafür gewor­ben: Pax Chris­ti ist Gna­de”, titel­te er schließ­lich in sei­ner Aus­ga­be vom 2. Okto­ber 1949. Die Lai­en­be­we­gung Pax Chris­ti” ent­stand zum Ende des II. Welt­kriegs in Frank­reich, warb für die deutsch-fran­zö­si­sche Aus­söh­nung und setz­te dabei vor allem auf das gemein­sa­me Gebet und auf gemein­sa­me Wall­fahr­ten. Mit­be­grün­det und geför­dert wur­de die Bewe­gung vor allem auch von Bischof Pierre-Marie Thé­as (18941977), von 1945 bis 1977 Bischof in Lour­des. Eine ers­te gro­ße Wall­fahrt auf deut­schem Boden fand im April 1948 nach Keve­laer statt, im Sep­tem­ber 1949 schließ­lich auch nach Alt­öt­ting – 35.000 Pax Chris­ti-Pil­ger” zähl­te der Bote”. Bischof Thé­as selbst eröff­ne­te im Bei­sein von Pas­saus Bischof Simon Kon­rad Land­ers­dor­fer OSB (18801971) die ers­te Pax Chris­ti-Mes­se” in der Gna­den­ka­pel­le. Zwei Völ­ker, die zusam­men­ge­hö­ren (…) Bete­ten um Frie­den am Altar der Frie­dens­kö­ni­gin”, stell­te der Bote” fest und ver­wies auf die Got­tes­mut­ter, die den rich­ti­gen Ton vorgibt.

2020 125 jahre aoelfb pax christi gedicht papst pius XII titel 2okt1949 Foto: Altöttinger Liebfrauenbote
Altöttinger Liebfrauenbote, Pax Christi in Altötting, Titel 2. Oktober 1934.

Auf dem Titel druck­te der Bote” am 2. Okto­ber 1949 auch das Gedicht Gib Frie­den, Herr” von Papst Pius XII.: Herr, mache aus mir einen Boten Dei­nes Frie­dens (…) Geben macht reich! Im Selbst­ver­ges­sen liegt der Frie­de, (…)”, heißt es dar­in und zeigt auf: wer den rich­ti­gen Ton hören will, der muss zuerst Ruhe fin­den können.

Text: Micha­el Glaß

(Titel-)Bilder und Darstellungen 1925-1949

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"Selig preisen mich alle Nationen", titelte am 7. Dezember 1930 der Altöttinger Liebfrauenbote frei nach dem Magnificat (Lk 1,46-55).
2020 125 jahre aoelfb bild menschwerdung christi dez1927
Altöttinger Liebfrauenbote, Menschwerdung Christi, Dezember 1927.
2020 125 jahre aoelfb maiandacht am see titel 6mai1928
Altöttinger Liebfrauenbote, Maiandacht am See, Mai 1928.
2020 125 jahre aoelfb engel und teufel im alltag titel 6apr1930
Altöttinger Liebfrauenbote, Engel und Teufel im Alltag, April 1930.
2020 125 jahre aoelfb des lebens buerde titel 13jul1930
Altöttinger Liebfrauenbote, Des Lebens Bürde, Juli 1930.
2020 125 jahre aoelfb titel sept 1948 gruess euch gott
Altöttinger Liebfrauenbote, Gruß an die Leser in der ersten Ausgabe im September 1948 nach der Einstellung der Zeitung von (Frühjahr) 1941 bis (Herbst) 1948.
2020 125 jahre aoelfb bruder konrad bald hlg titel 22apr1934
Altöttinger Liebfrauenbote, Titel zur baldigen Heiligsprechung "Bruders Konrad" in der Ausgabe vom 22. April 1934.

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