
Die Passauer Jugendfußwallfahrt nimmt heuer nicht nur Altötting, sondern viele Wallfahrtsziele im Bistum Passau in den Blick (siehe unten). Im achten Teil unserer Serie: die Kirche Mariä Himmelfahrt in Niedergottsau – eine der kunstvollsten Kirchen im weiten Umkreis und eine der ältesten Marienwallfahrten im Bistum.
Jahrhunderte haben halt so ihren Preis. Es kennen ja vermutlich die meisten die Situation, dass sie etwas längst Vergessenes wieder entdecken und sich dann verdutzt die Frage stellen, wie das denn bitteschön dahin gekommen sei. Historisch betrachtet ist dieses Phänomen noch viel komplexer, und die Wallfahrtskirche in Niedergottsau ist hierfür ein Beispiel: „Jahrhunderte geben ihre Geheimnisse preis“, hieß es im Juli 1957 in einem Artikel im Altöttinger Liebfrauenboten über die Entdeckung (übermalter) gotischer Fresken in der Kirche Mariä Himmelfahrt. Nur: um wie viele Jahre es sich nun genau handelte, bleibt bis heute ein Geheimnis.
Kirche Mariä Himmelfahrt in Niedergottsau – Impressionen Teil I
Fest steht: die im Jahr 1443 urkundlich als „ein rechte Zukirchen“ von Haiming bezeichnete und heutige Expositurkirche im Pfarrverband Haiming ist alt; bis heute hinter einem Seitenaltar versteckte Fresken, die u.a. die hl. Anna Selbdritt zeigen, zählen jedenfalls zu den ältesten Malereien im gesamten Bistum und werden auf die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert. Viele weitere unter etlichen Farbschichten verborgene Fresken an Wänden und Gewölben in Chor und Langhaus der Kirche wurden 1955 – 57 freigelegt und zeigen eine prächtige Fülle an Bildern; Darstellungen der Gottesmutter, von Heiligen, Kirchenvätern, Evangelisten, … Auch wegen dieser Fresken zählt die – im 18. Jahrhundert erweiterte und barock veränderte sowie vor rund zehn Jahren renovierte – Kirche zu den bedeutendsten sakralen Bauwerken in der Region.
Kirche Mariä Himmelfahrt in Niedergottsau – Impressionen Teil II

Alt und traditionsreich – aber längst nicht vergessen – ist auch die Wallfahrt nach Niedergottsau – ein Ort im idyllischen und unter Naturschutz stehenden Innspitz, wo sich Inn und Salzach treffen und wo stilles Gewässer und ein dichter Auwald zwischen den Flüssen nicht nur Wanderer und Pilger erfreuen, sondern auch Lebensraum für viele Tierarten bieten.
Wie alt die Wallfahrt ist, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Die damals bereits reiche künstlerische Ausstattung der 1443 erwähnten Kirche lassen auf eine lebendige Wallfahrt lange zuvor schließen. Im Jahr 1686 schrieb der damalige Pfarrer Jakob Welkhamer „von dern großen Menge der großen Kirchfahrten an den Frauentagen und goldenen Samstagen (Anm.: die ersten drei Samstage im Oktober bzw. nach dem Michaelitag, 29. September)“ und von einem „Gedränge, daß die Kirchstühle zerbrechen …“. Über 30 alte und teils sehr kunstvolle Votivtafeln in der Kirche erinnern noch heute an die Wallfahrtstradition – die Tafeln erzählen insbesondere von Schiffsunglücken (und wunderbarer Errettung).
Ziel der Pilger nach Niedergottsau ist eine Mondsichelmadonna: das Gnadenbild stammt aus dem 15. Jahrhundert und zeigt die gekrönte Muttergottes mit ihrem ebenfalls gekrönten Sohn auf dem linken Arm; dem Volksglauben nach wurde es in den Innauen gefunden.
Auch wenn der Höhepunkt der Wallfahrt überschritten scheint: nach wie vor großen Zulauf genießt die 1690 gegründete Skapulierbruderschaft in Niedergottsau mit rund 600 Mitgliedern – die Marienverehrung ist ihr zentrales Anliegen; jährlich am dritten Sonntag im Juli findet das Bruderschaftsfest mit Gottesdienst, Neuaufnahme, Prozession und Andacht statt.
Zwar werden sich nicht mehr alle Geheimnisse lüften lassen, die Kirche in Niedergottsau hat dennoch noch viele weitere Geschichten zu erzählen und viele Kunstschätze zu bieten.
Text: Michael Glaß
Tipps & Infos
Das Pfarrbüro der Expositurkirchenstiftung Niedergottsau Mariä Himmelfahrt ist Di, 8.30−11 Uhr geöffnet. Email: pfarramt.haiming@bistum-passau.de.
„Vereint in Maria“ – Passauer Jugendwallfahrt 2021
„Getrennt unterwegs – aber vereint in Maria“ lautet heuer das Motto der Passauer Jugendfußwallfahrt. Corona-bedingt können auch heuer leider nicht über 6.000 Pilger gemeinsam nach Altötting gehen. Stattdessen haben sich die Verantwortlichen Alternativen überlegt: die Teilnehmer können ja – je nach Corona-Lage – in kleineren Pfarrei‑, Kommunion‑, Firm‑, Jugendverbandsgruppen oder auch im Privatverbund ins„Herz Bayerns“ aufbrechen – oder einen der vielen anderen kleinen Wallfahrtsorte im Bistum Passau ansteuern. Vorgesehen ist dieses Mal ein längerer Wallfahrtszeitraum: Start ist am Palmsonntag, 28. März 2021, Ende am Jugendbekenntnissonntag, 21. November 2021. Als kleinen Anhaltspunkt für die jugendlichen und jung gebliebenen Wallfahrer – und als Tipp für unsere Leser – wollen wir nun in einer Serie einige der über 100 Wallfahrtsorte im Bistum Passau vorstellen.