
Die Passauer Jugendfußwallfahrt nimmt heuer nicht nur Altötting, sondern viele Wallfahrtsziele im Bistum Passau in den Blick. Im siebten Teil unserer Serie: die Pfarr- und Wallfahrtskirche Heilige Dreifaltigkeit in Kößlarn – einer der ältesten Wallfahrtsorte Bayerns.
Aus guten Gründen kann der Autor hier schreiben: den Markt Kößlarn (von „Chöstl = Kestl = (Tal-)Kessel) im Landkreis Passau mitsamt seiner stattlichen spätgotischen Kirche hat die Muttergottes gegründet.

Denn ganz ohne Hilfe hätte damals, im Jahr 1364, der Graf von Ortenburg die hölzerne Marienstatue mit Kind gewiss nicht gefunden. Als er auf Jagd war, ritt er durch seinen dicht bewachsenen Wald, und hätte sein Pferd nicht gescheut, er wäre wohl einfach vorbeigeritten an der Wacholderstaude, an der das Gnadenbild lag. Es dauerte nicht lange, und es ereignete sich ein erstes Wunder: der Bauer vom nahen Kößl-Hof war krank geworden, suchte Hilfe beim Marienbild, für das der Graf eine Bretterhütte hatte bauen lassen, und wurde wieder gesund. So erzählt es die Legende.
Impressionen von der Wallfahrtskirche in Kößlarn – Teil I

Über die weitere Geschichte der Wallfahrt gibt Jörg Fleischer Auskunft; er ist Pfarrer im Pfarrverband Rotthalmünster, zu dem Kößlarn mittlerweile gehört: „Die ‚Liebe Frau beim Kößlhof‘ wurde schnell Zuflucht für viele Menschen, deren großzügige Spenden bereits 1400 den Bau einer Kirche mit drei Altären ermöglichten, die 1443 geweiht wurde und bereits 1451 erweitert werden musste. Bis zur Reformationszeit war Kößlarn die meistbesuchte Marienwallfahrt im bayrischen ‚Unterland‘.“
Plötzlich war Leben an dem Ort: „Um die zahlreichen Wallfahrer verköstigen und beherbergen zu können, erhielt der rasch aufblühende Ort 1474 das Marktrecht vom niederbayerischen Herzog Georg dem Reichen“, erzählt Pfr. Fleischer. Es gab Schankstätten für Bier und Wein, drei Jahrmärkte im Jahr und später auch einen Wochenmarkt. Kößlarn wurde allmählich zu einem religiösen und wirtschaftlichen Zentrum der Region, und dies „schlug sich auch nieder in der Erweiterung der Kirche, die der berühmte Abt Wolfgang Marius von Aldersbach in den Jahren 1515 – 1518 vornehmen ließ. Er ließ den großen Chor bauen und stattete die Kirche mit sieben Altären aus“, blickt Pfr. Fleischer zurück.
Die Wallfahrtsseelsorge wurde den Zisterziensern vom Kloster Aldersbach übertragen – ihnen ist laut Pfr. Fleischer auch die „burgartige Anlage“ rund um die Kirche zu verdanken: in dem von 1461 bis 1480 gebauten und heute noch bestehenden Ring mit Torhäusern und Wehrmauern fanden die Patres Unterkunft und die reichlich fließenden Wallfahrtsgaben Schutz.

Die wachsende Bedeutung des Ortes barg jedoch auch Risiken, denn er wurde auch zum „Schnittpunkt politischer Interessen“, wie Pfr. Fleischer erklärt. „Die Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert, die nachfolgenden Kriege und verschiedene Zeitumstände beeinträchtigten die Wallfahrt sehr. Am meisten wirkte sich aber die Vertreibung der Zisterzienser und Wallfahrtsprediger infolge der Säkularisation 1803 aus.“ Eine zweite Blüte habe die Einführung der Rosenkranz- und Skapulier-Bruderschaft gebracht. „Ihr prominentestes Mitglied war der heilige Bruder Konrad“, informiert Pfr. Fleischer.
Impressionen von der Wallfahrtskirche in Kößlarn – Teil II
Pfr. Fleischer resümiert: „Alles in allem kann gesagt werden, dass die Muttergottes die eigentliche Regie für den Ort Kößlarn geführt hat.“ Und auch die Wallfahrtstradition lebt (siehe unten). Für Pilger ist der Ort also auch heute ein lohnendes Ziel.
Text: Michael Glaß
Tipps & Infos
- Wallfahrtsgottesdienst: jeden ersten Sonntag im Monat; 15 Uhr Anbetung und Beichtgelegenheit, 15.30 Uhr Rosenkranz, 16 Uhr Gottesdienst, Segnung von Andachtsgegenständen.
- Jährlich am Palmsonntag: Feierliche Palmprozession und Hochamt.
- Jährlich am Sonntag nach Maria Geburt: Erntedankfest mit Festgottesdienst und historischer Prozession.
- Anmeldung von Wallfahrten: Pfarrkirchenstiftung Heiligste Dreifaltigkeit Kößlarn, Tel.: 08536 / 268; Email: pfarramt.rotthalmuenster@bistum-passau.de.
Kirchenmuseum zur Wallfahrt

Das Kirchenmuseum informiert auf seiner Website: „Themenschwerpunkte der nur etwa 120 m² kleinen, aber kompakten Museumskonzeption sind die Wehrkirchenanlage, die Wallfahrt zum Gnadenbild der Muttergottes von Kößlarn und das kirchliche Brauchtum im Kirchenjahr. Wechselausstellungen zu verschiedenen, auch die zeitgenössische Kultur umfassenden Themen sind geplant.Zu den wertvollsten Exponaten gehören Wallfahrtsdevotionalien aus vier Jahrhunderten, ein spätgotischer Palmesel und ein Grabchristus aus der gleichen Zeit, das älteste Meßgewand der Passauer Diözese und ein barockes Krippenwerk mit Figuren aus der Schwanthalerwerkstatt des 18. Jahrhunderts. Die ungewöhnlich gut erhaltenen mittelalterlichen Innenräume und die herausragenden Ausstellungsstücke verleihen dem Museum seine Einzigartigkeit.“
„Vereint in Maria“ – Passauer Jugendwallfahrt 2021
„Getrennt unterwegs – aber vereint in Maria“ lautet heuer das Motto der Passauer Jugendfußwallfahrt. Corona-bedingt können auch heuer leider nicht über 6.000 Pilger gemeinsam nach Altötting gehen. Stattdessen haben sich die Verantwortlichen Alternativen überlegt: die Teilnehmer können ja – je nach Corona-Lage – in kleineren Pfarrei‑, Kommunion‑, Firm‑, Jugendverbandsgruppen oder auch im Privatverbund ins„Herz Bayerns“ aufbrechen – oder einen der vielen anderen kleinen Wallfahrtsorte im Bistum Passau ansteuern. Vorgesehen ist dieses Mal ein längerer Wallfahrtszeitraum: Start ist am Palmsonntag, 28. März 2021, Ende am Jugendbekenntnissonntag, 21. November 2021. Als kleinen Anhaltspunkt für die jugendlichen und jung gebliebenen Wallfahrer – und als Tipp für unsere Leser – wollen wir nun in einer Serie einige der über 100 Wallfahrtsorte im Bistum Passau vorstellen.