Wallfahrten

Wer den Schaden hat ... - Serie Wallfahrtsorte Teil XV: Halbmeile

Michael Glaß am 07.09.2021

2021 09 07 aoelfb serie wallfahrtsorte halbmeile fresko Foto: Dionys Asenkerschbaumer
Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Halbmeile: Das Fresko zeigt wie der Kurassier Philipp Klein auf den Bildstock schoss – eine Freveltat, für die er bitter bezahlte.

Die Passauer Jugendfußwallfahrt nimmt heuer nicht nur Altötting, sondern viele Wallfahrtsziele im Bistum Passau in den Blick (siehe unten). Im 15. Teil unserer Serie: Die Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Halbmeile bei Deggendorf – und eine Geschichte über ein Gespenst und einen wütenden Reiter mit Säbel und Pistole. Außerdem ein Abstecher in ein sehr berühmtes Kloster.

2021 09 07 aoelfb serie wallfahrtsorte halbmeile gnadenbild Foto: Dionys Asenkerschbaumer
Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Halbmeile bei Deggendorf: das Gnadenbild. Unter der linken Hand hat es ein Einschussloch.

Ein jeder kennt die Dar­stel­lung der Schmerz­haf­ten Mut­ter­got­tes mit sie­ben Schwer­tern im Her­zen. Eine sol­che fin­det sich auch in Halb­mei­le. So weit so gut. Bei nähe­rem Hin­se­hen fällt jedoch auf: das Gna­den­bild hat auch ein Ein­schuss­loch unter der lin­ken Hand. Das ist dann doch ziem­lich ungewöhnlich.

Die Erklä­rung fin­det sich auf einem Fres­ko im Kir­chen­schiff. Das Gemäl­de zeigt einen wild gewor­de­nen Rei­ter, der mit sei­ner Pis­to­le auf den Bild­stock mit dem Gna­den­bild schießt. Dar­un­ter steht der Spruch: Gott lässt sei­ner nicht spot­ten.“ Die Geschich­te dazu vom 29. April 1690 ist über­lie­fert: der Kuras­sier (Anm.: ein mit Brust­pan­zer aus­ge­stat­te­ter Kaval­le­rist) Phil­ipp Klein war wütend. Der Grund: er litt unter einer Krank­heit, und auch eine mehr­fa­che Behand­lung beim Bader in Deg­gen­dorf half nichts gegen sei­ne Lei­den. Ver­zwei­felt wie er war, hät­te er jetzt wie so vie­le zur Mut­ter­got­tes pil­gern und beten und auf ein Wun­der hof­fen kön­nen, statt­des­sen aber ließ er sei­ner Wut frei­en Lauf: erst schoss er auf Maria – eine Kugel steckt heu­te noch im Her­zen des Gna­den­bil­des –, dann schlug er auch mit sei­nem Säbel auf das Bild­nis ein. Das war kei­ne klu­ge Idee. Als er sich näm­lich betrun­ken auf den Rück­weg zu sei­nem in Hen­gers­berg sta­tio­nier­ten Regi­ment mach­te, sträub­te sich sein Ross und kata­pul­tier­te ihn ins Gebüsch. Bau­ern ent­deck­ten den Schwer­ver­letz­ten und bet­te­ten ihn auf ein Stroh­la­ger. Doch die Hil­fe kam zu spät. Auch den Bei­stand eines Geist­li­chen lehn­te der zor­ni­ge Sol­dat flu­chend ab. Als Phil­ipp Klein sei­nen letz­ten Atem­zug tat, steck­te sein Ross noch kurz sei­nen Kopf zum Abschieds­gruß“ durch das Fens­ter. Wie lehrt der Volks­mund? Wer den Scha­den hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen …

2021 09 07 aoelfb serie wallfahrtsorte halbmeile aussen Foto: Dionys Asenkerschbaumer
Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Halbmeile bei Deggendorf.

Wei­te­re Fres­ken in der Kir­che erzäh­len von den ein­zel­nen Sta­tio­nen der Wall­fahrts­ge­schich­te in Halb­mei­le, die bereits recht aben­teu­er­lich begon­nen hat­te: ent­stan­den ist sie im Jahr 1672, als der Deg­gen­dor­fer Rechts­an­walt Johann Gott­hard Wigant im Wald von einem Gespenst erschreckt wor­den war und dar­auf­hin den Bau eines Bild­stocks gelobte.

Auch von einem Wun­der berich­tet ein Gemäl­de. Die­sem jedoch ging ein Streit vor­aus: dass die Wall­fahrt zur Schmerz­haf­ten Mut­ter­got­tes in Halb­mei­le – in der eine hal­be Mei­le von Deg­gen­dorf ent­fern­ten Holz­ka­pel­le (daher der Name) – so beliebt war, miss­fiel den Bene­dik­ti­nern in der nahen Abtei Nie­der­al­t­eich; plötz­lich kamen immer weni­ger Pil­ger zur Schmerz­haf­ten Mut­ter­got­tes in der Nie­der­al­t­ei­cher Basi­li­ka – die spät­go­ti­sche Sand­stein­plas­tik (um 1500) ist übri­gens heu­te noch zu bewun­dern. Die Bene­dik­ti­ner wand­ten sich an den Bischof, und als der Dechant Hof­mair die Kapel­le abrei­ßen las­sen woll­te, wur­de die­ser schwer krank, gelob­te sich der Got­tes­mut­ter, wur­de plötz­lich gesund – und dann kamen noch mehr Wall­fah­rer nach Halb­mei­le. 1737 wur­de die Kapel­le schließ­lich vom Pas­sau­er Dom­ka­pi­tu­lar offi­zi­ell geweiht, über 1.000 Votiv­ta­feln – von denen heu­te nur noch weni­ge erhal­ten sind – berich­te­ten von wun­der­sa­men Ret­tun­gen und Heilungen.

2021 09 07 aoelfb serie wallfahrtsorte halbmeile innen Foto: Dionys Asenkerschbaumer
Wallfahrtskirche „Zur Schmerzhaften Muttergottes“ in Halbmeile bei Deggendorf: eine lichte, freundliche Rokokokirche.

Zwi­schen 1779 und 1783 ent­stand schließ­lich der heu­ti­ge Kir­chen­bau in Halb­mei­le – eine lich­te, freund­li­che Roko­ko­kir­che mit einem Hoch­al­tar­bild (Pie­tà) und Fres­ken des Münch­ner Hof­ma­lers Chris­ti­an Wink – und einer nach wie vor leben­di­gen Wall­fahrt zu einem Gna­den­bild, das hilft, das aber auch mahnt: unse­re Wut soll­ten wir stets im Zaum halten …

Tipp: das Klos­ter in Nie­der­al­t­eich ist nur rund eine Weg­stun­de an der Donau ent­lang von Halb­mei­le ent­fernt und eine klei­ne Wall­fahrts­rei­se alle­mal wert, denn hier gibt es viel zu ent­de­cken: eine reich aus­ge­stat­te­te Hal­len­kir­che, ein Klos­ter mit über 1.200-jähriger Geschich­te, eine enga­gier­te Bene­dik­ti­ner-Gemein­schaft, die nicht nur in der Seel­sor­ge aktiv ist, son­dern auch eine Land­volks­hoch­schu­le, einen Klos­ter­la­den, einen Klos­ter­hof, … betreibt.

Text: Micha­el Glaß, Fotos: Dio­nys Asenkerschbaumer

Tipps & Infos

Mehr Infor­ma­tio­nen zur Wall­fahrts­kir­che Halb­mei­le (Halb­mei­le 3, 94469 Deg­gen­dorf) beim Pfarr­ver­band Nie­der­al­t­eich, E‑Mail: pfarramt.​niederalteich@​bistum-​passau.​de; Tel.: 09901/903388.

„Vereint in Maria“ – Passauer Jugendwallfahrt 2021

Getrennt unter­wegs – aber ver­eint in Maria“ lau­tet heu­er das Mot­to der Pas­sau­er Jugend­fuß­wall­fahrt. Coro­­­­­­­­­­­­na-bedingt kön­nen auch heu­er lei­der nicht über 6.000 Pil­ger gemein­sam nach Alt­öt­ting gehen. Statt­des­sen haben sich die Ver­ant­wort­li­chen Alter­na­ti­ven über­legt: die Teil­neh­mer kön­nen ja – je nach Coro­­­­­­­­­­­­na-Lage – in klei­ne­ren Pfarrei‑, Kommunion‑, Firm‑, Jugend­ver­bands­grup­pen oder auch im Pri­vat­ver­bund ins​„Herz Bay­erns“ auf­bre­chen – oder einen der vie­len ande­ren klei­nen Wall­fahrts­or­te im Bis­tum Pas­sau ansteu­ern. Vor­ge­se­hen ist die­ses Mal ein län­ge­rer Wall­fahrts­zeit­raum: Start ist am Palm­sonn­tag, 28. März 2021, Ende am Jugend­be­kennt­nis­sonn­tag, 21. Novem­ber 2021. Als klei­nen Anhalts­punkt für die jugend­li­chen und jung geblie­be­nen Wall­fah­rer – und als Tipp für unse­re Leser – wol­len wir nun in einer Serie eini­ge der über 100 Wall­fahrts­or­te im Bis­tum Pas­sau vorstellen.

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