
Die Passauer Jugendfußwallfahrt nimmt heuer nicht nur Altötting, sondern viele Wallfahrtsziele im Bistum Passau in den Blick (siehe Kasten). Im sechsten Teil unserer Serie: die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt zu Atzberg bei Mitterskirchen – Jahrhunderte lang eine beliebte Station auf dem Weg ins „Herz Bayerns“.

Noch rund 20 Kilometer sind es auf dem Weg nach Altötting, da steht auf einer kleinen Anhöhe bei Mitterskirchen eine Wallfahrtskirche, die im Volksmund früher „Mies“-, bzw. „Moos“-Kirchlein genannt wurde. Moos ist an der Kirche jedoch nicht zu sehen, stattdessen ein sehr gut erhaltenes Kleinod und außerdem ein altes liebevoll renoviertes sowie denkmalgeschütztes Mesnerhaus. Früher kümmerte sich hier ein Einsiedler um vorbeiziehende Wallfahrer. Einem Eremiten, der hier während des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1643 eine kleine – mit Moos bewachsene – Holzkapelle und Klause errichtet hatte, verdankt die Wallfahrt an diesem Ort offenbar ihre Entstehung. Der Bau der barocken Kirche im Jahr 1680 – gestiftet von den Herren Wening-Ingenheim auf Hirschhorn – jedenfalls ist genau belegt, und noch bis in das 19. Jahrhundert hinein hütete ein Einsiedler das Anwesen.
Der Agrarwissenschaftler sowie passionierte Heimatforscher und Chronist Dr. Michael Zauner hat sich intensiv mit der Entstehung der Kirche befasst; er beschreibt das Atzberger Marienheiligtum als „ein bescheidenes und doch bemerkenswertes Kircherl. Bescheiden sind die Ausmaße, aber ungewohnt für eine ländliche Kapelle die reiche Gliederung der Fassade“.

Vor allem weist Dr. Zauner auf den Bezug zu Altötting hin, der auch heute noch klar erkennbar ist: Atzberg sei auf dem Pilgerweg über Reischach eine Rast- und Zwischenstation nach Altötting gewesen; darauf deuten hin: viele „Votivtafeln aus dem 18. Jahrhundert“ mit Bezug zur Schwarzen „Edinger“ Madonna; eine alte, auf Blech gemalte Darstellung des Altöttinger Gnadenbildes aus dem Jahre 1755 auf dem schmiedeeisernen Gitter am Eingang der Kirche – und nicht zuletzt eine Darstellung des „heiligen Bruders Konrad“, dem der linke Seitenaltar der Kirche gewidmet ist.

Und doch hat das Atzberger Kirchlein – der Name geht laut Dr. Zauner mutmaßlich entweder auf einen Siedler namens Azo oder auf hier im späten Mittelalter lebende Ritter de Arzberg zurück – sein ganz eigenes Flair und sowieso ein eigenes Gnadenbild: eine bemerkenswerte Pieta ist die Herzmitte der Kirche. Sieben Schwerter fahren in das Herz der Muttergottes und symbolisieren die sieben Schmerzen Mariens. Darüber halten Engel die Krone für die Himmelskönigin.
Wallfahrtskirche in Atzberg – Impressionen I
Bemerkenswert sind außerdem großformatige und vom begnadeten Maler Michael Zattler aus Wurmannsquick sehr aufwändig gestaltete Votivbilder, die das Vertrauen der hiesigen Bevölkerung auf die Muttergottes von Atzberg belegen: für einen glücklichen Ausgang aus Feuersnot 1888, für glückliche Rückkehr aus dem Feldzug gegen Frankreich 1870/71. Außerdem beeindruckend: das Chorbogen-Kruzifix, das die Kreuzigung an den Händen realistisch zeigt, was laut Dr. Zauner in den Darstellungen seit Beginn dieses Genres ab dem 6. Jahrhundert selten zu finden ist.
Wallfahrtskirche in Atzberg – Impressionen II
Heute wird in der Kirche in Atzberg vor allem das Fest Mariae Himmelfahrt gefeiert; laut Dr. Zauner finden dort auch jährlich Maiandachten und Gottesdienste der Marianischen Männerkongregation (MC) statt. Und nach wie vor kommen Beter und Wallfahrer vorbei. Seit 1016 liegt am Eingang der Kirche für Wallfahrer ein Pilgerstempel parat.
Text: Michael Glaß, Fotos: Siegfried Kerscher
Tipps & Infos
Die Wallfahrtskirche ist von April bis Oktober bis zum Trenngitter zu besichtigen, der Altarraum ist dabei gut einsehbar, ein Pilgerstempel liegt am Eingang bereit.
„Vereint in Maria“ – Passauer Jugendwallfahrt 2021
„Getrennt unterwegs – aber vereint in Maria“ lautet heuer das Motto der Passauer Jugendfußwallfahrt. Corona-bedingt können auch heuer leider nicht über 6.000 Pilger gemeinsam nach Altötting gehen. Stattdessen haben sich die Verantwortlichen Alternativen überlegt: die Teilnehmer können ja – je nach Corona-Lage – in kleineren Pfarrei‑, Kommunion‑, Firm‑, Jugendverbandsgruppen oder auch im Privatverbund ins„Herz Bayerns“ aufbrechen – oder einen der vielen anderen kleinen Wallfahrtsorte im Bistum Passau ansteuern. Vorgesehen ist dieses Mal ein längerer Wallfahrtszeitraum: Start ist am Palmsonntag, 28. März 2021, Ende am Jugendbekenntnissonntag, 21. November 2021. Als kleinen Anhaltspunkt für die jugendlichen und jung gebliebenen Wallfahrer – und als Tipp für unsere Leser – wollen wir nun in einer Serie einige der über 100 Wallfahrtsorte im Bistum Passau vorstellen.