Der Oktober gilt als „Rosenkranz-Monat“. Gerade an Marien-Wallfahrtsorten wie Altötting spielt diese klassische katholische Gebets- und Andachtsform eine zentrale Rolle. Im Interview erklärt Pfr. Jörg Fleischer, der Leiter des Fatima-Weltapostolats im Bistum Passau, wieso der Rosenkranz so wichtig ist, und außerdem, warum die Botschaft von Fatima stets aktuell bleibt.
Herr Pfarrer Fleischer, wieso ist ausgerechnet das Rosenkranz-Gebet so wichtig? Reichen nicht auch ein kurzes Dank- oder Bitt-Gebet am Tag, oder mal ein Mariengebet oder Lobpreis?
Pfarrer Jörg Fleischer: Der Rosenkranz ist wirklich ein sehr wichtiges Gebet. In ihm sind alle Grundgebete unseres Glaubens enthalten und er ist in seiner Gestalt fast tausend Jahre alt. Die Päpste haben das Rosenkranzgebet sehr empfohlen und gefördert – bis in unsere Tage hinein. Erst im Mai dieses Jahrs hat Papst Franziskus zum Gebetsmarathon für ein Ende der Corona-Pandemie eingeladen. Beim Rosenkranzgebet fällt aber auch besonders die biblische Betrachtung auf. Im Kern ist es nicht zuerst ein Mariengebet, sondern „gebetetes Evangelium“. Das Vaterunser, ein Großteil des Ave-Maria, die Geheimnisse des Rosenkranzes – allesamt sind Worte und Botschaften der Hl. Schrift. Den Rosenkranz zu beten heißt wirklich – um mit dem heiligen Johannes Paul II. zu sprechen: „Mit den Augen Mariens das Antlitz Christi betrachten.“
Wie häufig beten Sie selbst den Rosenkranz?
Pfarrer Jörg Fleischer: Ich bete den Rosenkranz täglich. Meistens um 6 Uhr morgens mit Radio Horeb. Ich bin auch froh darüber, dass in unseren Pfarreien der Rosenkranz von treuen Betern oft vor den Hl. Messen gebetet wird. Auch hier bete ich gerne mit, um mich auf die Hl. Messe einzustimmen – und auch als Zeichen der Wertschätzung gegenüber den treuen Betern, die das Rosenkranzgebet in den Pfarrgemeinden lebendig halten.
In den Botschaften von Fatima spielt das Rosenkranz-Gebet eine zentrale Rolle. Wie kam es dazu?
Pfarrer Jörg Fleischer: Man könnte zusammenfassend über die Botschaft der Gottesmutter Maria in Fatima sagen: Betet den Rosenkranz für den Frieden in der Welt. Den Aufruf zum täglichen Rosenkranzgebet wiederholte die Muttergottes bei jeder ihrer sechs Erscheinungen in Fatima. Das zeigt die Bedeutung dieses Gebetes. Die Seherin und Ordensschwester Lucia dos Santos († 13.02.2005) meinte auf die Frage, warum die Gottesmutter gerade dieses Gebet wünsche und nicht den täglichen Messbesuch oder ähnliches, dass der Rosenkranz einfach und schlicht sei. Sie sagte dazu auch, dass man den Rosenkranz überall beten könne. Ein weiterer bekannter Satz von Schwester Lucia ist: „Es gibt keine Not, kein Problem das nicht mit dem Rosenkranzgebet gelöst werden könnte.“
Die erste Marienerscheinung in Fatima war vor mittlerweile über 104 Jahren. Sind die Botschaften auch heute noch aktuell? Was können uns diese für die Zukunft Wichtiges mitteilen?
Pfarrer Jörg Fleischer: Unsere Welt braucht diesen Impuls zum Gebet und zur Wiedergutmachung gegenüber Gott, der von Fatima ausgeht. Wir erleben einen starken Säkularisierungsprozess auch bei uns in Bayern. Die Botschaft von Fatima ist ein starker Verweis auf das Übernatürliche, auf Gott und das Leben nach dem Tod. Bei seiner Portugalreise im Jahr 2010 sprach Papst Benedikt XVI. über die Bedeutung der Botschaft von Fatima. Er sagte damals die Worte: „Wer glaubt, die Mission Fatimas sei beendet, der irrt sich!“ In diesem Sinne haben uns die Worte der Gottesmutter zu jeder Zeit das Wichtigste zu sagen: Es geht um Gott und um Dich.
Welche Bedeutung haben die Botschaften für andere Marien-Wallfahrtsorte, bzw. für Gläubige die gerne nach Altötting pilgern?
Pfarrer Jörg Fleischer: Die Aufrufe der Gottesmutter gelten allen Menschen und somit auch allen, die an Marienwallfahrtsorte kommen. Fatima ist nicht in erster Linie ein Ort, sondern der Ruf der Gottesmutter zu Gebet, Umkehr und stellvertretender Sühne – und dieser Einladung können wir überall, auch in Altötting nachkommen.
Seit Oktober 2010 ist das 1947 gegründete Fatima-Weltapostolat offiziell als „Internationale öffentliche Vereinigung päpstlichen Rechts“ anerkannt. Wie hat sich das Apostolat weltweit und vor allem auch in Deutschland seither etabliert?
Pfarrer Jörg Fleischer: Das Fatima-Weltapostolat arbeitet im Dienst der Neuevangelisierung und der Verbreitung der Botschaft von Fatima in Deutschland bereits seit Jahrzehnten. Der Hauptsitz des Apostolates in Deutschland ist in Fulda, dort wo auch das Grab des Hl. Bonifatius ist. Als Organisation des Laienapostolates sind die Mitglieder in bistumsweite Gruppen eingeteilt. Ich darf seit einigen Jahren für die Mitglieder im Gebiet des Bistums Passau wirken.
Was bietet das Fatima-Weltapostolat im Bistum Passau für die Gläubigen an?
Pfarrer Jörg Fleischer: Die Mitglieder bekommen aus Fulda Rundbriefe zugesandt. Darüber hinaus gibt es einmal im Jahr auch eine eigene „Passauer Infobroschüre“, zudem sind Interessierte jedes Jahr zu Exerzitien im Franziskushaus in Altötting eingeladen. Es finden auch Einkehrtage statt. Ein großes Ereignis ist jedes Jahr die Feier der Gnadenstunde in der Basilika in Altötting am 8. Dezember. Dabei wird heuer die Pilgermadonna zu Besuch sein, die Papst Paul VI. im Jahr 1967 für Deutschland gesegnet hat, und die derzeit durch ganz Deutschland geht. Und nicht zu vergessen sind natürlich die Fatimatage an derzeit dreizehn Orten im Bistum, wo sich Menschen versammeln, um zu beten, Eucharistie zu feiern, das Bußsakrament zu empfangen. Erst vor kurzer Zeit kamen Fatimatage hinzu. Auf die Initiative von engagierten Christen wird der 13. jedes Monats nun auch im Pfarrverband Lalling und im Pfarrverband Freyung gefeiert. Alle zwei Jahre findet auch eine Pilgerreise statt.
Sie selbst sind regelmäßig in Altötting und waren auch schon häufig in Fatima. Was sind für Sie persönlich – auch im Vergleich – die Besonderheiten der beiden Marien-Wallfahrtsorte?
Pfarrer Jörg Fleischer: Nun, an beiden Orten verehren wir die Gottesmutter Maria, und mit ihr beten wir den dreifaltigen Gott an. Das ist sehr wichtig! Es gibt nicht verschiedene „Marias“, sondern nur die eine Frau, der Gott eine entscheidende Rolle in der Heilsgeschichte gegeben hat, und die für uns Mutter und Fürsprecherin ist. Ich persönlich war seit Kindestagen immer sehr gerne in Altötting. Der Ort und seine Kirchen, aber vor allem die Gnadenkapelle mit dem Gnadenbild Unserer Lieben Frau, sind für mich immer wieder ein Anziehungspunkt. Seit Jahren zelebriere ich an meinem „freien Tag“ am Montag die Hl. Messe in der Gnadenkapelle. Altötting ist das Herz Bayerns und hat auch in meinem Herzen einen festen Platz, weil ich dort die mütterliche Gegenwart Mariens besonders erfahren kann. Im Jahr 2019, vor der Pandemie, konnte ich meine 31. Wallfahrt nach Fatima machen. Meine erste Reise dorthin war ein starker Impuls für meine priesterliche Berufung. Darum ist mir auch dieser Ort sehr ans Herz gewachsen, und ich freue mich schon wieder auf die nächste Wallfahrt 2022. Altötting ist ein Ort mit einer langen Tradition und ein gewachsener Wallfahrtsort. Fatima ist hier relativ jung. Gerade einmal 104 Jahre alt. Zudem liegt Fatima in Portugal, und daher sind auch die Traditionen, Gebete und Gottesdienste anders geprägt. Aber was an beiden Wallfahrtsorten sichtbar wird ist der Weg durch Maria zu Jesus. Beide Orte sind sehr geprägt durch die eucharistische Anbetung und den Empfang der Beichte.
Interview: Michael Glaß, Fotos: Roswitha Dorfner