Herbergen wandern von Haus zu Haus

Michael Glaß am 01.12.2020

2020 11 30 aoelfb herbergskaestchen altoettinger krippenverein1 Foto: Roswitha Dorfner
Seit etwa 1930 halten die Altöttinger Krippenfreunde eine beliebte Tradition aufrecht: in der Adventszeit wandern kleine Herbergskästchen von Familie zu Familie. Im Bild Elisabeth Strasser und Tochter Magdalena.

Seit rund 90 Jahren halten die Altöttinger Krippenfreunde eine beliebte Tradition aufrecht: in der Adventszeit wandern kleine Herbergskästchen von Familie zu Familie, von Haus zu Haus.

Und sie leg­te ihn in eine Krip­pe, weil in der Her­ber­ge kein Platz für sie war“ (Lk 2,7), heißt es kurz und knapp im Evan­ge­li­um. Bunt aus­ge­stal­te­te Krip­pen­spie­le stel­len jähr­lich dar, wie der Her­bergs­va­ter die hoch­schwan­ge­re Maria und ihren Mann Josef abweist. Die knap­pe Anga­be im Lk-Evan­ge­li­um soll aber nicht das letz­te Wort der Geschich­te blei­ben: In Alt­öt­ting zeigt eine Tra­di­ti­on der Her­bergs­su­che, dass es vie­le Plät­ze gibt für die Hei­li­ge Fami­lie – im über­tra­ge­nen Sinn. Hier wer­den seit ca. 1930 jedes Jahr klei­ne later­nen­ar­ti­ge Käst­chen, die die Her­bergs­su­che dar­stel­len, von Fami­lie zu Fami­lie wei­ter­ge­ge­ben. Die Käst­chen laden zum Gebet ein, zu einem besinn­li­chen Mit­ein­an­der im Kreis der Fami­lie. Die Tra­di­ti­on kommt aus der der Wan­der­mut­ter­got­tes“, bzw. des Frau­en­tra­gens“ – eine Form der Mari­en­ver­eh­rung, die vor allem im alpen­län­di­schen Raum vorkommt.

2020 11 30 aoelfb herbergskaestchen altoettinger krippenverein2 Foto: Roswitha Dorfner
Seit rund 90 Jahren halten die Altöttinger Krippenfreunde eine beliebte Tradition aufrecht: in der Adventszeit wandern kleine Herbergskästchen von Familie zu Familie, von Haus zu Haus. Im Bild die Vorsitzende der Altöttinger Krippenfreunde, Angelika Tupy (l.), und Zweite Vorsitzende Carolin Schmidlkofer.

Zehn Her­bergs­käst­chen stellt der Ver­ein der Alt­öt­tin­ger Krip­pen­freun­de dafür zur Ver­fü­gung. Die­se wer­den in der Advents­zeit zwi­schen 180 und 190 Fami­li­en wei­ter­ge­reicht, berich­tet deren Vor­sit­zen­de Ange­li­ka Tupy. Ein­ge­führt wur­de die Her­bergs­su­che von Max Ramers­ber­ger und Alo­is Meil­ham­mer und sie ist in unse­rer Regi­on ein­zig­ar­tig“, heißt es in der Ver­eins­chro­nik der Alt­öt­tin­ger Krip­pen­freun­de. Der Erlös aus Spen­den wer­de cari­ta­ti­ven Ein­rich­tun­gen zur Ver­fü­gung gestellt.

2020 11 30 aoelfb herbergskaestchen altoettinger krippenverein3 Foto: Roswitha Dorfner
Einzigartige Tradition: Kleine Herbergskästchen der Altöttinger Krippenfreunde laden zum Gebet ein und werden von Familie zu Familie weitergegeben. Im Bild Luise Hell.

Bei Fami­lie Hell wird die Tra­di­ti­on schon seit über 25 Jah­ren gelebt, wie die Pfarr­ge­mein­de­rats­vor­sit­zen­de und Sekre­tä­rin der Wall­fahrts­kus­to­die, Lui­se Hell, berich­tet. Ihre Schwä­ge­rin Simo­ne und ihr Bru­der Georg neh­men das Käst­chen bei sich auf – ursprüng­lich um den mitt­ler­wei­le erwach­se­nen drei Söh­nen eine Freu­de zu berei­ten, mitt­ler­wei­le um eine schö­ne Tra­di­ti­on auf­recht­zu­er­hal­ten, die sich in der Groß­fa­mi­lie ein­ge­bür­gert“ habe und eben nicht ver­lo­ren gehen dür­fe. Die klei­ne Her­ber­ge steht dann für einen Tag in der Wohn­kü­che; am Abend ver­sam­meln sich Eltern, Kin­der, Schwes­ter und auch die Groß­mutter, zün­den eine Ker­ze an, spre­chen ein Gebet, lesen einen besinn­li­chen Text, wie Lui­se Hell erzählt. Dann wird das Käst­chen an eine ande­re Fami­lie über­ge­ben. Lui­se Hell resü­miert: So lan­ge das die Krip­pen­freun­de so schön machen – das hängt ja auch mit viel Arbeit zusam­men! –, machen wir da auch in Zukunft ger­ne mit.“

Herbergskästchen der Altöttinger Krippenfreunde - Impressionen

Die­se Fami­li­en­tra­di­ti­on“ hat sich auch bei Susan­ne und Tho­mas Ober­bau­er eta­bliert. Wir sind vor 14 Jah­ren mit ein­ge­stie­gen, als unser ers­ter Sohn gebo­ren wur­de“, erzählt Susan­ne Ober­bau­er. Gera­de erst nach Alt­öt­ting gezo­gen, sei das eine idea­le Mög­lich­keit gewe­sen, die neue Nach­bar­schaft ken­nen­zu­ler­nen: Wir haben uns gleich sehr ange­nom­men gefühlt.“ Der im Rah­men die­ser Tra­di­ti­on geför­der­te Kon­takt zu ande­ren Fami­li­en geht Susan­ne Ober­bau­er mitt­ler­wei­le etwas ab – auf­grund der Ein­schrän­kun­gen wäh­rend des Coro­na-Lock­downs ist heu­er nur eine kur­ze Über­ga­be mög­lich. Doch schon in den letz­ten Jah­ren sei die Über­ga­be immer kür­zer aus­ge­fal­len. In der Ver­gan­gen­heit hät­ten die Fami­li­en viel öfter die Gele­gen­heit genutzt, um sich zusam­men­zu­set­zen und ein­an­der bes­ser ken­nen­zu­ler­nen. Den­noch möch­te die Fami­lie auf die Tra­di­ti­on nicht ver­zich­ten: Sie gehört jetzt ein­fach dazu!“ Die klei­ne Her­ber­ge ste­he dann jedes Jahr für einen Tag am Küchen­tisch, gemein­sam liest die Fami­lie mit ihren mitt­ler­wei­le zwei Söh­nen einen besinn­li­chen Text – und nimmt das klei­ne Her­bergs­käst­chen genau­er unter die Lupe.

2020 11 30 aoelfb herbergskaestchen altoettinger krippenverein4 Foto: Roswitha Dorfner
Stiftsdekan Wolfgang Renoldner segnete die Herbergskästchen der Altöttinger Krippenfreunde am 27. November 2020 im Rahmen einer Andacht in der Josefskirche der Congregatio Jesu.

Auch heu­er wur­den die zehn Her­bergs­käst­chen der Alt­öt­tin­ger Krip­pen­freun­de fei­er­lich aus­ge­sandt. Stifts­de­kan Wolf­gang Renold­ner seg­ne­te die­se am 27. Novem­ber im Rah­men einer Andacht in der Josefs­kir­che der Con­gre­ga­tio Jesu; musi­ka­lisch gestal­tet durch die Geor­gen­fel­der Sai­ten­mu­sik (klei­ne Beset­zung). Gera­de in die­ser ganz ande­ren, Coro­na-gepräg­ten Vor­weih­nachts­zeit müss­ten wir Kraft schöp­fen, Licht in unse­re See­le hin­ein­tra­gen“, sag­te der Stifts­de­kan. Mit den Her­bergs­käst­chen wer­de die­ser Segen Got­tes, das Licht des Herrn“ wei­ter gereicht in Euer Heim, in die Fami­li­en, zu den Alten und Kranken“.

Text: Micha­el Glaß, Fotos: Ros­wi­tha Dorfner

Segnung und Aussendung der Herbergskästchen – Impressionen

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