Soziales

Glaube als ständige Heimat – Diskussionsrunde im Rahmen der „Biennale Bavaria International“

Michael Glaß am 20.09.2021

2021 09 20 diskussion heimat im glauben Foto: Johannes Krenner
Gibt es Heimat ohne Glauben? Über diese Frage diskutierten, moderiert vom Kreisredakteur des Alt-Neuöttinger Anzeigers, Erwin Schwarz (von links), Bischof Stefan Oster, die Vize-Direktorin der Islamischen Gemeinschaft Penzberg Gönül Yerli und der evangelische Regionalbischof Christian Kopp.

Eine Diskussionsrunde im Rahmen der „Biennale Bavaria International – Festival des Neuen Heimatfilms“ hat am 16. September im Kultur + Kongress Forum Altötting die Verbindung zwischen Glauben und Heimat behandelt.

Hei­mat – um die­sen Begriff dreht sich in der Regi­on gera­de eini­ges. Am 3. Sep­tem­ber star­te­te die Hei­mat­aus­stel­lung der Mün­che­ner Seces­si­on in der Alt­öt­tin­ger Stadt­ga­le­rie im Rah­men der Bien­na­le Bava­ria Inter­na­tio­nal. Die­se fand von 15. bis 19. Sep­tem­ber statt. Wäh­rend der fünf Tage wur­den 42 Fil­me in sechs Orten gezeigt, vom Spiel- über Dokumentar‑, Kin­der- und Jugend- bis zum Hei­mat­film. Im Anschluss an sie­ben Vor­füh­run­gen fan­den zudem Dis­kus­si­ons­run­den statt, die die Bedeu­tung von Hei­mat aus ver­schie­de­nen Blick­win­keln beleuchteten.

Der Don­ners­tag­abend stand im Kultur+Kongress Forum Alt­öt­ting im Zei­chen des Zusam­men­hangs zwi­schen Hei­mat und Glau­be. Genau­er die Fra­ge: Gibt es Hei­mat ohne Glau­ben? Unter der Mode­ra­ti­on von Erwin Schwarz, Redak­ti­ons­lei­ter des Alt-Neuöt­tin­ger Anzei­gers, dis­ku­tier­ten über die­se Fra­ge Bischof Dr. Ste­fan Oster, Chris­ti­an Kopp, evan­ge­li­scher Regio­nal­bi­schof im Kir­chen­kreis Mün­chen und Ober­bay­ern, und Gönül Yer­li, Vize-Direk­to­rin der Isla­mi­schen Gemein­de Penz­berg. Zuvor hat­te der Doku­men­tar­film A Black Jesus“ einen Ein­stieg in die The­ma­tik Glau­be und Hei­mat gege­ben. In dem gut 90-minü­ti­gen Film nimmt der Regis­seur Luca Luc­che­si, der Ehren­gast im Forum war und sich gele­gent­lich in die Debat­te mit Hin­ter­grund­er­klä­run­gen ein­brach­te, den Zuschau­er haut­nah mit in das Hei­mat­dorf sei­nes Vaters auf Sizi­li­en. Dort ver­eh­ren die Men­schen ein Kru­zi­fix mit einem schwar­zen Jesus. Gegen­über den afri­ka­ni­schen Bewoh­nern des nahen Flücht­lings­zen­trums haben sie aller­dings Vor­ur­tei­le und gren­zen sie aus. Als ein jun­ger Gha­na­er sei­nen sehn­lichs­ten Wunsch, den schwar­zen Jesus bei der all­jähr­li­chen Pro­zes­si­on mit­zu­tra­gen, äußert, spal­tet dies die Gemeinde.

Sen­si­bel gefilmt, schafft die Doku­men­ta­ti­on einen Ein­druck, wie schön es ist, Men­schen nahe zu kom­men“, gab Bischof Oster eine Retro­spek­ti­ve zum Film. Hier sei das Medi­um der Gemein­schaft, des Zusam­men­kom­mens, die­ser Black Jesus“, so Oster. Für das Hei­mat­ge­fühl sei es wich­tig, Din­ge zu haben, wie eben die­sen Schwar­zen Jesus, an denen ich fest­hal­ten kann“, ergänz­te der evan­ge­li­sche Regio­nal­bi­schof Chris­ti­an Kopp mit Blick auf die Kern­fra­ge der Dis­kus­si­on. Par­al­le­len zu ihrer eige­nen Geschich­te erkann­te Gönül Yer­li, die im Klein­kind­al­ter mit ihren Eltern von der Tür­kei nach Deutsch­land emi­griert ist. Mein Glau­be beginnt auch so, mit einer Jesus­fi­gur, die dunk­ler war als ande­re, dadurch war sie aber cha­ris­ma­ti­scher.“ Die­se Jesus­fi­gur und der damit ver­bun­de­ne Glau­be stüt­ze die Mus­li­ma heu­te noch, denn eine sol­che Ent­wur­ze­lung mache etwas mit einem. Ich fra­ge mich immer wie­der, wo mei­ne Hei­mat ist. Mein Glau­be ist dabei eine fes­te Grö­ße, ihn kann ich über­all mitnehmen.“

Auf­grund die­ser Unge­bun­den­heit des Glau­bens waren sich die drei Kon­fes­si­ons­ver­tre­ter auch einig, dass Glau­be immer eine wich­ti­ge Rol­le für das Ent­ste­hen des Hei­mat­ge­fühls spielt. Sicher­lich kön­nen man­che Hei­mat auch ohne Glau­ben fin­den, aber Glau­be hilft und Hei­mat mit Glau­be ist viel schö­ner“, ver­deut­lich­te Chris­ti­an Kopp. Bei der Hei­mat­fin­dung ist Glau­be, den­ke ich, immer dabei“, ergänzt Bischof Ste­fan Oster.

Braucht es dafür aber die Insti­tu­ti­on Kir­che?“, hak­te Mode­ra­tor Erwin Schwarz nach. Die Kir­che bil­de den Rah­men für Glau­be; die Hin­ga­be und Nächs­ten­lie­be, die für das Gemein­schafts- und somit Hei­mat­ge­fühl essen­zi­ell sei­en, feie­re man in der Hei­li­gen Mes­se, ant­wor­te­te Oster. Die Reli­gi­ons­ge­mein­schaft kann iden­ti­täts­stif­tend sein, gera­de wenn man in einer Min­der­heit‘ im Aus­land lebt“, fügt Gönül Yer­li hinzu.

Den Abschluss der ein­stün­di­gen Dis­kus­si­on bil­de­te eine Video­bot­schaft des Rab­bi­ners der Israe­li­ti­schen Kul­tus­ge­mein­de Mün­chen und Ober­bay­ern Ste­ven Lang­nas, der eigent­lich auch zur Dis­kus­si­on ein­ge­la­den war, sich auf­grund des Jom Kip­pur, dem höchs­ten jüdi­schen Fei­er­tag, aber ent­schul­di­gen ließ. Eine Ant­wort auf die Dis­kus­si­ons­fra­ge fand er mit Hil­fe einer Meta­pher: Mein Herz hat vie­le klei­ne Kam­mern, wor­in Orte gespei­chert sind, wo ich mich zu Hau­se füh­le, wenn ich dort bin, die Hei­mat spü­re. Dann gibt es aber auch noch eine gro­ße Kam­mer, die mein stän­di­ger Beglei­ter ist: die spirituelle.“

Text und Foto: Johan­nes Krenner

31 Mal Heimat – Ausstellung in der Altöttinger Stadtgalerie

Was bedeu­tet Hei­mat? Ihre ganz per­sön­li­che Ant­wort auf die­se Fra­ge stel­len 31 Künst­ler der Mün­che­ner Seces­si­on bis zum 17. Okto­ber in der Alt­öt­tin­ger Stadt­ga­le­rie aus.

2021 09 20 ausstellung heimat Foto: Johannes Krenner
„Heimatversuch“: Bürgermeister Stephan Antwerpen (l.) und Thomas Bindl, der Präsident der Münchener Secession, präsentieren das Titelbild.

Am 3. Sep­tem­ber fand die Eröff­nung der Aus­stel­lung in klei­nem Rah­men statt, etwa 30 Gäs­te waren gela­den, dar­un­ter auch eini­ge Künstler.

Jeder Mensch hat eine ande­re Sicht­wei­se auf den Begriff Hei­mat“, ver­deut­lich­te Tho­mas Bindl, Prä­si­dent der Mün­che­ner Seces­si­on. Dem­entspre­chend breit gefä­chert sei­en die Inter­pre­ta­tio­nen bei einer sol­chen Gemein­schafts­aus­stel­lung, wobei drei Ansät­ze zu erken­nen sei­en: Die Dar­stel­lung eines bestimm­ten geo­gra­fi­schen Ortes, die einer beruf­li­chen Hei­mat und die Abbil­dung einer geis­ti­gen Hei­mat. Dabei gäbe es wahn­sin­nig humor­vol­le, aber auch erns­te Dar­stel­lun­gen“, wie Künst­ler Alto Hien beton­te. Schließ­lich wer­de der Begriff Hei­mat immer öfter zu poli­ti­schen Zwe­cken miss­braucht und instru­men­ta­li­siert. Umso wich­ti­ger sei es des­halb, sich mit den Wer­ken genau aus­ein­an­der­zu­set­zen, denn jedes erzählt sei­ne eige­ne Geschich­te und lässt sich erst nach einer Zeit oder gar nicht ent­schlüs­seln“, so Bindl. So ver­ber­ge sich bei­spiels­wei­se hin­ter einer ver­meint­lich freu­di­gen, schö­nen Dar­stel­lung die Gesich­ter von Flüchtlingen.

Der Hei­mat­ver­such“ als Titel­bild der Aus­stel­lung ste­he schließ­lich für die Ver­su­che der ein­zel­nen Künst­ler, Hei­mat abzu­bil­den. Denn an dem Titel­bild arbei­te­te ein drei­köp­fi­ges Team, das King­KongKunst­ka­bi­nett“. Wir haben ver­sucht, unse­re Auf­fas­sun­gen des Hei­mat­be­griffs in ein Bild zu ver­pa­cken“, beschreibt Wolf­gang Schi­ko­ra, einer der Mit­glie­der. Es sol­le offen­las­sen, ob die Hei­mat zer­stört ist oder auf­ge­baut wird und eine gewis­se Ambi­va­lenz zeigen.

Die facet­ten­rei­che Hei­mat­aus­stel­lung bil­det das Rah­men­pro­gramm für die ers­te Aus­ga­be des Film­fes­ti­vals Bien­na­le Bava­ria Inter­na­tio­nal“. Von 15. bis 19. Sep­tem­ber fand es an sechs Orten in vier Land­krei­sen statt und zeig­te Fil­me, die sich mit dem Begriff der Hei­mat beschäf­ti­gen. Wäh­rend die­ser fünf Tage waren in der Stadt­ga­le­rie zudem min­des­tens jeweils zwei Künst­ler vor Ort, damit die Besu­cher mit ihnen ins Gespräch kom­men und ihre Vor­stel­lun­gen von Hei­mat aus­tau­schen konn­ten. Zudem erwei­ter­ten Dis­kus­si­ons­run­den das kul­tu­rel­le Programm.

Text und Foto: Johan­nes Krenner

Die Aus­stel­lung in der Stadt­ga­le­rie Alt­öt­ting, Papst-Bene­dikt-Platz 3, 84503 Alt­öt­ting (Tel.: 08671 5062 – 38; E‑Mail: stadtgalerie@​altoetting.​de) ist noch bis 17. Okto­ber zu fol­gen­den Zei­ten geöff­net: Mi-Sa: 14 – 17 Uhr; Sonntag/​Feiertag: 11 – 16 Uhr, Ein­tritts­preis: Erwach­se­ne 3,00 €; Ermä­ßigt 1,50 €.

Weitere Nachrichten

2022 01 13 pb alb gnadenstunde 8dez21 4
Wallfahrten
13.01.2022

Mosaike aus der Wallfahrt

Selbst in den kalten Winter-Monaten kamen zahlreiche Gruppen und auch einzelne Pilger in Altötting an – hier…

2021 12 06 aoelfb diakonenweihe 2021
Bistum
06.12.2021

Diakonweihe in Altötting

In einem festlichen Gottesdienst unter Leitung von Bischof Stefan Oster sind am Samstag, 4. Dezember, in der…

2021 12 4 aoelfb nikolauswallfahrt altoetting 2018
Das glauben wir
04.12.2021

„Ich trage seinen Namen gerne!“

Nikolaus von Myra ist der wohl beliebteste Heilige in der christlichen Welt. Sein Gedenktag ist der 6.…

2021 11 23 aoelfb adoratio2021
Bistum
23.11.2021

Rückblick Adoratio@home 2021

Unter dem Titel „Das Leben der Kirche aus der Eucharistie. Adoratio@home“ fand am Samstag, den 20.11.2021 der…